Gewitter-Sensor: Potz Blitz!Inhaltsverzeichnis
„Donner ist gut und eindrucksvoll, aber die Arbeit leistet der Blitz“, sagte schon Mark Twain. Der Blitz ist aber auch die größte Gefahr bei einem Gewitter - sei es nun für Menschen oder empfindliche Maschinen. Ein Blitzdetektor von ams erkennt die Gefahr schon in 40 km Entfernung. Und so funktierts. Bildquelle: © soniccc - Fotolia BlitzdetektorDurch Blitzschlag sterben jährlich viele Menschen. Aus einer von den USA seit Jahrzehnten geführten Wetter- und Unfallstatistik geht hervor, dass seit 1940 etwa 30 % mehr Menschen durch Blitzschlag getötet wurden als durch Wirbelstürme [1]. Genaue Wettervorhersagen ermöglichen es heute, bei Gefahr eines starken Sturmes Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Obwohl beispielsweise in den USA im Jahresdurchschnitt weniger als 50 Menschen Stürmen zum Opfer fallen, ist doch jeder Tote einer zu viel. Gerade für Menschen in stark sturmgefährdeten Regionen sind zusätzliche Personen- und Sachschäden durch Blitzeinwirkung besonders schwer zu ertragen [2]. Zudem warnen chinesische Wissenschaftler davor, dass die globale Erwärmung eine Häufung extremer Wetterlagen zur Folge haben kann - die zahlreichen heftigen Stürme der letzten Jahre könnten ein Vorspiel dazu sein [3]. Könnten die Menschen rechtzeitig vor herannahenden Gewittern gewarnt werden, wäre es möglich, die Todesfälle und Sachschäden zum Großteil zu vermeiden. Nach der sogenannten „30-30“-Regel, also wenn der Donner innerhalb von weniger als 30 Sekunden auf den Blitz folgt, sollte man für die Dauer von mindestens 30 Minuten Schutz aufsuchen. Doch wenn Sie es donnern hören, sind Sie wahrscheinlich bereits in Gefahr. Die menschlichen Sinne sind nicht sehr gut darin, das Herannahen eines Gewitters wahrzunehmen. Mit einer Schallgeschwindigkeit von ca. 300 m/s ist man bei einer Verzögerung von 30 Sekunden zwischen Blitz und Donner etwa 10 km vom Blitz entfernt. Das ist in etwa die maximale Entfernung, bis zu der das menschliche Gehör in einer ruhigen Umgebung Donner wahrnehmen kann - vorausgesetzt, die Schallwellen werden nicht durch physische Hindernisse gedämpft. Im Falle von physischen Hindernissen oder Umgebungslärm, z.B. Straßenverkehr oder Menschenmassen, kann sich diese Distanz bis auf wenige Kilometer verringern. Die größte Schwachstelle der 30-30-Regel jedoch ist, dass Blitze in der Regel nicht senkrecht von oben einschlagen, sondern diagonal über eine horizontale Distanz von bis zu 10 km. Wegen der erwähnten Wahrnehmungsgrenze von 10 km geht man ein erhebliches Blitzschlag-Risiko für sich selbst und sein Eigentum ein, wenn man sich ausschließlich auf sein Gehör verlässt. Blitze verursachen elektromagnetische Pulse Schon im späten 18. Jahrhundert entdeckte der russische Physiker und Funktechnik-Pionier Alexander Stepanovic Popov, dass man mit einem einfachen Funkempfänger Blitze erkennen kann. Dies war das erste elektrische System, das ein nahendes Gewitter vorhersagen konnte. In der Tat senden Blitze elektromagnetische Energie aus, deren Spektrum von sehr niedrigen Frequenzen bis zu Röntgenstrahlen reicht. Die Intensität der EMP-Strahlung (EMP: elektromagnetischer Puls) folgt einem 1/f-Gesetz: Die Emissionen sind im unteren kHz-Bereich am stärksten und werden mit zunehmender Frequenz immer schwächer. Popov gelang es, mit Hilfe eines Verstärkers, eines Abwärtsmischers und eines Tiefpassfilters Blitze hörbar zu machen. Heutige Blitzdetektoren für den Konsumentenbereich - auch „Blitzzähler“ genannt - arbeiten mit einer ähnlichen Technik. Obwohl die American Meteorological Society die Zuverlässigkeit oder den Nutzwert solcher tragbaren Geräte nicht anerkennt, können sie doch unter geeigneten Bedingungen Blitze in einem beschränkten Umkreis erkennen. Der Nutzwert solcher Geräte ist allerdings nur gering, denn sie können weder die Entfernung der Gewitterfront abschätzen noch Blitze zuverlässig von anderen Quellen elektromagnetischer Strahlung, z.B. Mikrowellenherde, Leuchtstofflampen-Vorschaltgeräte, Elektromotoren oder Kamerablitze, unterscheiden. Zudem sind solche Geräte aus diskreten Bauelementen aufgebaut und nicht für eine geringe Stromaufnahme optimiert, wodurch die Batterie schon nach wenigen Wochen entladen ist. Um zuverlässig und rechtzeitig vor herannahenden Gewittern gewarnt zu werden, bräuchten Verbraucher einen Blitzdetektor mit einer Reichweite von mindestens 30 km, der zuverlässig zwischen Blitzen und Signalen aus anderen EMP-Quellen unterscheiden kann.
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1. Schmalbandige Empfänger für BlitzerkennungEs gibt zwei Arten von Blitzen: von der Wolke zur Erde und im Inneren der Wolken, sogenannte Wolkenblitze. Durch Analyse des elektromagnetischen Signals lässt sich zeigen, dass die gewaltigen Ströme eines Blitzes breitbandige Signale mit einem breiten Spektrum produzieren. Es ist nahezu unmöglich, mit einem tragbaren Konsumentenprodukt einen solch großen Frequenzbereich zu überwachen. Glücklicherweise ist seit Popovs Experimenten bekannt, dass auch ein schmalbandiges System Blitzsignale erfassen kann. Doch wie genau sind solche schmalbandigen Messungen? Bildquelle: © ams AG Bild 1. Breitbandige und schmalbandige Messung eines Blitzsignals im Vergleich. Ein Blitz ist eine komplexe Kombination aus mehreren aufeinanderfolgenden Ereignissen: Leitblitz, Fangblitz, Aktivitäten innerhalb der Wolke und Hauptblitz. In der wissenschaftlichen Literatur [5] wurde nachgewiesen, dass es trotz Verlust einiger Signaldetails möglich ist, mit Hilfe eines schmalbandigen Systems Blitze zu erkennen. Aus Bild 1 ist ersichtlich, dass das mit einem schmalbandigen Empfänger (500 kHz) gemessene Signal recht gut mit dem tatsächlichen, breitbandig gemessenen elektrischen Feld übereinstimmt. Le Vines Untersuchung zeigt auch, dass das Emissionsspektrum eines Blitzes sein Maximum bei etwa 5 kHz hat und oberhalb dieser Frequenz mit 1/f abfällt. Wird demnach die Mittenfrequenz eines schmalbandigen Empfängers zu hoch gewählt, fällt die Stärke des empfangenen Signals so weit ab, dass es kaum noch von Signalen aus anderen EMP-Quellen unterscheidbar ist. Bei niedrigen Frequenzen ist das Signal zwar wesentlich stärker, man braucht jedoch relativ große Antennen, um es zu empfangen, zu groß für ein tragbares Gerät. Man muss daher einen Kompromiss zwischen der Signalstärke und den Abmessungen des Gerätes eingehen. Ein brauchbarer Kompromiss kann bei einer Empfängerbandbreite von einigen hundert kHz bis zu einigen MHz erzielt werden. Signalanalyse-Software liefert Entfernung Wie schon Popov herausfand, kann auch ein schmalbandiger Empfänger die von einem Blitz ausgehenden Emissionen erfassen. Die größere Herausforderung bei der Entwicklung eines Blitzdetektors besteht jedoch darin, die Signale von anderen EMP-Quellen zu unterdrücken und die Entfernung der Blitze möglichst genau abzuschätzen. ams hat eine entsprechende Technologie entwickelt und in seinem Blitzdetektor-IC AS3935 implementiert. Diese Technologie, die sowohl Wolke-zu-Erde-Blitze als auch Wolken-interne Blitze erkennen kann, verwendet Algorithmen, um das Eingangssignal mit der für Blitze typischen Signalform zu vergleichen. Wichtig bei der Optimierung der Algorithmen war es, zum einen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen zuverlässiger Erkennung von Blitzsignalen, zum anderen die Unterdrückung von Störsignalen aus anderen Quellen zu erreichen. Bildquelle: © ams AG Bild 2. Blockschaltbild des Blitzdetektors AS3935.Im AS3935 wurde außerdem ein spezieller Algorithmus implementiert, mit dem sich anhand der Energie des vom Chip-internen HF-Front-End erfassten Signals die Entfernung des Blitzes relativ genau abschätzen lässt. Bild 2 zeigt ein Blockschaltbild des Blitzsensors. Das IC überwacht - wie Popovs System - die unteren Hochfrequenzbänder (500 kHz - 2 MHz) und identifiziert Blitzsignale anhand ihrer charakteristischen 1/f-Signatur. Das System besteht aus einem Analog-Front-End (AFE), welches das von der Antenne erfasste Signal verstärkt, ins Basisband transformiert und es für die nachgelagerte numerische Auswertung filtert. Der Block mit dem Blitzerkennungs-Algorithmus besteht aus drei Stufen: Signalvalidierung, Energieberechnung und statistische Entfernungsschätzung. Der erste Block überprüft den Verlauf des Eingangssignals und unterdrückt Störsignale mit für Blitze untypischen Signalformen. Wie man in Bild 1 erkennt, steigt ein typisches Blitzsignal sehr schnell an und klingt nach Erreichen des Spitzenwertes langsam ab. Der Algorithmus im Baustein erlaubt dem Endbenutzer, die Empfindlichkeit der Blitzerkennung und den Grad der Störsignalunterdrückung zu variieren und auf die jeweiligen Umgebungsbedingungen anzupassen. Bildquelle: © ams AG Bild 3. Vergleich der Blitzüberwachungs-Ergebnisse des AS3935 mit den NLDN-Daten. Eine Übereinstimmung des Ausgangssignals des AS3935 mit den Ergebnissen der Radar-basierten Messungen des NLDN ist erkennbar.Wenn das empfangene Signal als Blitz interpretiert wird, führt der zweite Block eine Energieberechnung durch. Der letzte Block analysiert das Ergebnis dieser Berechnung und schätzt auf der Basis von Daten, die während des gesamten Gewitters erfasst wurden, die Entfernung der Gewitterfront ab. Das Resultat ist eine Entfernungsangabe in Kilometern mit einer variablen Auflösung zwischen 1 km und 4 km. Die Schätzung wird umso genauer, je näher das Gewitter rückt. Der Blitzsensor wurde am Florida Institute of Technology in Melbourne, USA, getestet und mit den vom National Lightning Detection Network NLDN gelieferten offiziellen Blitzdaten verglichen. Das NLDN gilt als der „Goldstandard“ für die Blitzüberwachung (Bild 3). Der Vergleich zeigt, dass das IC, welches in einem kompakten Handheld-Gerät Platz findet, bei der Blitzerkennung und Entfernungsabschätzung eine Genauigkeit erreicht, die mit der eines großen, fest installierten, professionellen Überwachungssystems mithalten kann. Mit diesem IC ist erstmals eine Komplettlösung mit extrem geringer Stromaufnahme verfügbar, die mit einem Satz Knopfzellen ein paar Jahre lang betrieben werden kann. Für ein Endprodukt braucht man zusätzlich zum AS3935 nur noch einen einfachen Mikrocontroller mit SPI- oder I²C-Schnittstelle sowie eine Parallelresonator-Antenne bestehend aus einer Ferritkernspule, einem Kondensator und einem Widerstand.
Literatur
[1] NOAA National Weather Service.
Der Autor
Teil 2 von 2 :
http://www.elektroniknet.de/automation/sensorik/artikel/103286/ |
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