Glasbruch-, Infrarot- und Außenhautmelder sprechen nicht an.
Zwar sind viele Wohnhäuser und Geschäfte mit zum Teil aufwendigen Alarmanlagen gesichert, greifen die Bundesbürger verstärkt zur Selbsthilfe.
Doch die Einbruchswelle rollt, und die Polizei kann zur Abschreckung der Täter nicht viel beitragen:
Noch nicht einmal jeder fünfte Einbruch in den Ländern der alten Bundesrepublik wird aufgeklärt;
in der Ex-DDR werden die wenigen Polizeibeamten der wachsenden Kriminalität ohnehin nicht mehr Herr.
Die Geschäfte mit der Sicherheit blühen, nicht immer zum Vorteil der Kunden.
Rund 1000 Anbieter sind republikweit mit Produkten und Dienstleistungen zur Sicherung des Eigentums auf dem Markt.
Seit 1987 meldet die Branche alljährlich neun bis zehn Prozent Wachstum.
Die Zahl der Bewachungsunternehmen, derzeit rund 800, steigt rapide.
Ausgelöst wurde der Boom durch eine Lawine von Wohnungseinbrüchen, die oft von Drogensüchtigen zur schnellen Bargeldbeschaffung begangen werden (siehe SPIEGEL 28/1989).
So wurden 1990 in der Bundesrepublik 155 000 Wohnungseinbrüche gezählt, gut ein Drittel mehr als 1977.
Die Versicherer regulierten 1989 eine Schadenssumme von 830 Millionen Mark.
Nach neuen Umfragen haben, so Hans-Ludwig Zachert, Chef des Wiesbadener Bundeskriminalamts (BKA),
"zwei Drittel aller Bundesbürger die Befürchtung", in naher Zukunft "Opfer eines Wohnungseinbruchs zu werden".
Ideale Voraussetzungen für das Geschäft mit der Angst:
Vier Milliarden Mark geben die Bundesbürger jährlich für mechanische und gut zwei Milliarden Mark für elektronische Sicherheit aus.
Doch die aufwendige Technik am Reihenhaus produziert oft nur Fehlalarme und wird weder von Kriminalisten noch von Einbrechern sonderlich ernst genommen.
"Der Fachmann", urteilt der Hamburger Einbruchspezialist Karlheinz Merten, "findet in den meisten Fällen Mittel und Wege, die Alarmanlage auszuschalten oder zu umgehen."
Tatort-Analysen des hessischen Landeskriminalamtes ergaben, daß die Ausgabe für ein preiswertes Alarmsystem oft eine glatte Fehlinvestition ist.
Vor allem Infrarot-Bewegungsmelder, die ansprechen, wenn ein wärmeempfindlicher Meßfühler unterschiedliche Temperaturen registriert, sind störanfällig.
Fußbodenheizungen und Schornsteine, Zugluft und selbst das Licht von Autoscheinwerfern vermag sie zu irritieren.
Ultraschallmelder geben Alarm, wenn gesendete und reflektierte Schallwellen zum Beispiel durch eine Bewegung unterbrochen werden.
Doch auch Pfeifgeräusche von Heizungsthermostaten, das Klingeln eines Telefons oder das Donnern von Düsenjägern lassen die Geräte gelegentlich losheulen.
Mikrowellen-Melder, die nach ähnlichem Prinzip funktionieren, werden oft gestört, wenn sie in der Nähe von Abflußrohren oder Aufzügen angebracht sind.
Magnetkontakte lösen einen Alarm nur aus, wenn entsprechend ausgerüstete Türen oder Fenster bewegt werden.
Und das Prinzip Außenhautsicherung, bei dem alle Türen, Fenster und Lichtschächte von Sensoren überwacht werden, schützt nicht gegen Diebe, die, durch's Dach kommen.
Der Verband der Sachversicherer warnt im Prinzip vor allen modernen Funk- oder Computer-Alarmsystemen.
Favorisiert werden die herkömmlichen, voll verkabelten Versionen, die weniger leicht zu überlisten sind und seltener Fehlalarm geben.
Vor allem die Vielzahl falscher Alarme, durch technisch unzureichende Anlagen oder irrtümlich ausgelöst, nervt die Polizisten seit langem.
Eine 350 Seiten starke Studie des Bundeskriminalamts über Warnanlagen kommt zu dem Schluß, daß mehr als 90 Prozent aller Alarme unabsichtlich ausgelöst werden.
Von 100 Anlagen, so heißt es in der BKA-Untersuchung, geben jährlich nur 2 einen echten Polizeialarm.
50% der blinden Alarme wird von Hausbewohnern versehentlich verursacht,
15% gehen auf Hunde und Katzen im Haus oder Erschütterungen durch Bauarbeiten und Straßenverkehr zurück,
11% werden durch Störungen in den Postleitungen ausgelöst
27% entstehen durch technisches Versagen.
Der VdS rät deshalb zum Prinzip der doppelten Sicherung:
Ultraschall- und Infrarotmelder zum Beispiel sollen kombiniert arbeiten.
Beim "Ansprechen eines der beiden Systeme" soll erst dann wirklicher Alarm ausgelöst werden, wenn innerhalb einer bestimmten Zeit auch der zweite Melder Laut gibt.
Zwei Untersuchungen bei Häftlingen mit Einbrecher-Erfahrung lassen es allerdings als fraglich erscheinen, ob hoher Aufwand an Technik sinnvoll ist.
Sozialpsychologen der Mannheimer Universität fragten im Auftrag des BKA 179 bundesdeutsche, und ein Kriminologenteam der Universität in Graz 111 österreichische Häftlinge nach ihrem Wissen über Alarmanlagen aus.
Zwar lassen sich Einbrecher, so das Ergebnis, unter Umständen abschrecken, wenn sie deutlich sichtbare Merkmale einer Alarmanlage erkennen.
Verlockend für einen Bruch sind aber gerade Villen mit mehr als 1,80 Meter hohen Mauern und mit viel Gebüsch.
Mit Testanrufen wird geprüft, ob die Bewohner verreist sind, auch das Studium von Trauer- und Hochzeitsanzeigen gibt über leerstehende Häuser Aufschluß.
Sicherheitsvorkehrungen wie automatische Gurtwickler, die abends zeitgesteuert die Rolläden überall gleichzeitig herunterlassen, ziehen die Täter eher an.
Die häufigen Fehlalarme machen sich viele Einbrecher, berichtet das BKA, sogar für einen Trick zunutze:
Sie lösen, zum Beispiel durch Schläge gegen ein gesichertes Fenster, Alarm aus und verstecken sich in der Nähe.
Polizisten, die auf diese Weise mehrfach in einer Nacht gefoppt worden sind, überprüfen bei einem weiteren Alarm das Objekt nicht mehr - der Täter hat freies Feld.
Wahre Wunder dagegen wirkt ein altbewährtes Mittel: der Wachhund.
Wer kein Haustier halten mag, kann sich nach Empfehlung der Experten mit einer demonstrativ aufgestellten Hundehütte und Gebell vom Tonband behelfen, das im Ernstfall etwa durch eine Lichtschranke ausgelöst wird.
Einbruch-Forscher Klaus Krainz: "Zwei Drittel aller Täter glauben an die Existenz eines gefährlichen Hundes, auch wenn sie ihn nicht zu Gesicht bekommen."